Die beschwerliche KiWu-Reise

Ich erinnere mich noch, wie es bei mir war, als sich alles um das Thema Kinderwunsch drehte. Oder treffender: Ich erinnere mich an kaum etwas anderes aus der Zeit, in der mein Kinderwunsch mein Leben einfach komplett bestimmt hat. Hochzeiten, runde Geburtstage oder sonstige Ereignisse, die in die intensive Phase des Kinderwunsches gefallen sind, sind in meiner Erinnerung vernebelt, als wäre ich nicht dagewesen und jemand hätte mir nur davon erzählt.

Vielmehr erinnere ich mich an andere Dinge aus diesen Jahren.

Ich erinnere mich deutlich an…

... die Angst vor abgebrochenen Hormonampullen, weil es einer Freundin passiert ist.

... die große Panik davor, eine Spritze nicht rechtzeitig zu setzen.

... die vielen Tränen, denn ich mußte ganz oft und meist grundlos weinen.

... die angespannte Stimmung Zuhause.

... den Druck, die vielen Kliniktermine und den Weg dahin unauffällig in eine Vollzeitarbeit zu integrieren.

... die Zeit, in der nichts verläßlich geplant werden konnte, weil sich alles ständig verschoben hat.

... meine Gereiztheit und das Schuldgefühl, das ich nicht loswurde.

... die große Hoffnung und die noch größere Enttäuschung.

... den Tag, an dem mir drei Freundinnen und eine Kollegin erzählt haben, schwanger zu sein.

Kürzlich habe ich mit einer Klientin darüber gesprochen und gemerkt, wie sehr diese Jahre eine Lücke hinterlassen können, denn ihr ging es ähnlich. Es wurde mir erst hinterher klar: Ich habe für die Hoffnung auf ein Wunschkind einen Preis bezahlt. Diese Jahre sind unwiederbringlich weg. Doch sie waren wichtig. Dadurch weiß ich, dass ich genug getan habe. Ich weiß, ich habe gekämpft und ich habe mich dabei nicht selbst aufgegeben. Das ist es, was zählt. Auch deshalb konnte ich abschließen.

Es war sehr schmerzvoll und dennoch bin ich heute froh, dass wir zwar deutlich später als wir es uns im Vorfeld vorgenommen haben, weil die Emotionen unser Urteilsvermögen doch zu sehr getrübt haben den Schlußstrich vollzogen haben. Schritt für Schritt ging es mühsam und langsam voran, denn jede Enttäuschung musste erst mal ein Stück heilen, damit es weitergehen konnte. Irgendwann konnten wir wieder weitere Optionen, die wir im Plan B festgehalten haben, diskutieren, bis wir Klarheit hatten. Heute fühlt es sich an, als wäre ich angekommen. In meinem Leben ohne Kinder, mit viel Liebe, Erfüllung und Geborgenheit. Denn: "Happiness is not a destination. It is a way of life." Meine Erkenntnis aus diesen Jahren ist: Ich kann und darf glücklich sein, auch ohne Kinder.

 


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