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Seien wir ehrlich: Gibt es den lustvollen und leidenschaftlichen Sex beim unerfüllten Kinderwunsch überhaupt?

 

Am Anfang, wenn wir uns für ein Kind entscheiden, ist alles noch neu und total aufregend. Die Vorstellung, es könnte gerade jetzt das Wunschkind gezeugt werden, kann eine besondere Atmosphäre erzeugen, die Leidenschaft (neu) entfachen lässt. Die ersten male sind lustvoll und die Zeit danach ist erfüllt von freudiger Erwartung. Die Enttäuschung, nicht schwanger zu sein, ist noch nicht groß, denn wir sagen uns ja, dass es ganz normal ist, dass es nicht gleich klappt. Ist es ja auch. Aber was ist nach einem Jahr, nach 18 Monaten, nach zwei Jahren?

 

Je länger der Kinderwunsch unerfüllt bleibt, desto weniger aufregend und romantisch wird es im Bett. Plötzlich ist Sex etwas, was regelmäßig eingeplant und der Zeitpunkt von den fruchtbaren Tagen bestimmt wird. Die Leichtigkeit ist weg. Die Leidenschaft nimmt ab. Die romantische Vorstellung von der Zeugung eines neuen Lebens löst sich nach und nach in Luft auf. Der Mann fühlt sich irgendwann womöglich unter Druck, auf Kommando "performen" zu müssen und die Frau ist vielleicht irgendwann bemüht, an den fruchtbaren Tagen die Verführungskünste einzusetzen, das Ziel fest im Blick, aber ohne wirkliche Lust auf den Partner. Das Messen und Testen gehört oft zum Alltag. Verbündete auf sozialen Medien helfen dabei, die Striche zu deuten, wenn wir selbst nicht sicher sind. Die Lust auf Sex schwindet oder ist zum falschen Zeitpunkt da. Ratgeber empfehlen Paaren mit Kinderwunsch jenseits von Dreißig zwei bis dreimal Sex pro Woche. Aber wie soll das gehen, wenn sich im Bett zunehmend Frust statt Lust breitmacht?

 

Wie so oft hilft es, offen und ehrlich miteinander zu reden. Im Austausch darüber zu sein, wie es mir mit der Situation geht und auch zu erfahren, was meiner Partnerin oder meinem Partner wichtig ist, kann uns als Paar wieder miteinander verbinden und die auf der Strecke gebliebene Intimität wiederherstellen. Vielleicht ist es auch möglich, eine Zeit lang gezielt auf das Messen und Testen zu verzichten, um sich eine echte Pause zu gönnen. Frauen können so wieder lernen, auf ihren Körper zu hören und ihm zu vertrauen. Und ja, es kann helfen, wenn sich Paare in dieser Phase eine professionelle psychologische Hilfe suchen. Das ist besonders dann wichtig, wenn die Unsicherheit aufgrund des unerfüllten Kinderwunschs auf beiden Seiten groß ist oder es vermehrt zu Streit kommt. Wenn die Partner es nicht mehr schaffen, Wünsche aneinander so zu formulieren, dass gemeinsame Lösungen erarbeiten werden können, kann eine Beratung oder ein Coaching helfen. Eine neutrale Person zeigt Paaren auf, wie sie ohne Vorwürfe miteinander ins Gespräch kommen können. Sie sorgt dafür, dass beide Seiten ihren Raum bekommen und gehört werden. Ob mit Unterstützung oder ohne: Nur durch ein offenes Miteinander können Verletzungen, die durch den unerfüllten Kinderwunsch entstanden sind, heilen und das Verständnis füreinander wachsen. Es ist keine Garantie, dennoch besteht eine gute Chance, dass die Nähe und Verbundenheit wieder größer werden und die Leidenschaft in der Sexualität zurückkehrt.