Aufgeben ist (k)eine Option

In der Kinderwunschcommunity in den sozialen Medien begegnet mir immer wieder das Motto „Aufgeben ist keine Option“, das als eine Durchhalteparole postuliert wird. Ich merke, dass ich einen Widerstand spüre, wenn ich das lese. Was löst den Widerstand aus, habe ich mich gefragt und bin der Sache auf den Grund gegangen. Vielleicht liegt es daran, dass ich vor einiger Zeit selbst meinen Kinderwunsch aufgegeben habe und mir das Motto das Gefühl vermittelt, in Augen von anderen versagt zu haben, vielleicht als schwach oder gescheitert zu gelten. Wenn Aufgeben keine Option ist und ich diese gewählt habe, dann stimmt etwas nicht mit mir. Und dann höre ich in mich hinein und ich spüre ganz deutlich: Es ist eine Entscheidung, die ich nicht bereue, auch wenn sie die vielleicht schwerste meines Lebens war.

 

Ich habe, nachdem ich – in Übereinstimmung mit meinem Mann – die Option „Aufgeben“ gewählt habe, ganz viel bekommen. Erst einmal die volle Ladung Trauer, Schmerz und Schuldgefühle. Das ist nicht schön, aber ganz ehrlich, vieles davon war vorher schon mehr oder minder stark vertreten. Jetzt durfte es in voller Wucht da sein. Dann mischte sich bald das Gefühl von großer Erleichterung unter. Erleichterung darüber, die mich jahrelang begleitende Ungewißheit nicht mehr aushalten zu müssen. Erleichterung darüber, endlich, endlich wieder verläßlich planen zu können. Mich nicht mehr nach Zyklus und Klinikterminen zu richten, ständig alle Pläne über Bord zu werfen, weil es ohnehin anders kommt als gedacht. Nicht mehr die Achterbahn von Gefühlen ständig rauf und runter fahren zu müssen. Die Hoffnung auf ein Kind war zwar nicht mehr da, dafür gab es endlich Gewißheit. Ich konnte meine Kinderlosigkeit anerkennen und damit kamen Freude und Zufriedenheit zurück in mein Leben, das sich jetzt auch ohne Kind komplett und richtig anfühlt.

 

Wir Menschen sind anpassungsfähig. Etwas aufzugeben und loszulassen macht Platz für Neues. Ein Kind ist keine Garantie dafür, im Leben glücklich zu werden. Deshalb denke ich: Aufgeben zu dürfen ist eine ganz wichtige Option, die es in Betracht zu ziehen und anzuerkennen gilt.